Nichts lädt mehr – ohne Smartphone in den Unterricht?
Smartphone-Verbot an Schulen – ja oder nein? Seit der Markteroberung der mobilen Geräte trennt diese Frage Eltern, Lehrpersonal und Schüler*innen. Und nach jeder Veröffentlichung, in denen Psycholog*innen oder Neurolog*innen Schäden und Folgeschäden der Nutzung bei Kindern und Jugendlichen ausmachen, schlägt die Diskussion hohe Wellen.
Was ist nicht alles geschehen in den letzten Jahrhunderten? Geschichten, die zuvor von Mund zu Mund gingen, wurden schließlich aufgeschrieben, später von Mensch und Maschine auf Papier gedruckt. Noch später hat ein Computer ausgedruckt, was in ein Programm geschrieben wurde. Und dann kam das Internet und mit ihm die mobilen Geräte, oft beschimpft als süchtig machend, intelligenzmindernd und die zwischenmenschliche Kommunikation zerstörend.
Jede dieser Entwicklungen hat den Menschen in seinem Selbstverständnis geändert, die Gesellschaft gewandelt und Gegner*innen und Fürsprecher*innen gewonnen. Stets stellte sich die Frage, wie mit den Neuerungen umzugehen war und ob es ein Wagnis darstellte, sie zuzulassen. Und wenn – wie konnte diesem Wagnis begegnet werden? Eins gleich vorweg: Ein Verbot der aufkommenden Neuerungen hat sich zu keiner Zeit durchgesetzt.
Es bleibt dabei: Der kompetente Umgang mit den „neuen“ digitalen Medien muss gelernt werden. Das mag für Lehrkräfte und Eltern nicht immer einfach sein: Viele sind mit den digitalen Medien nicht so vertraut wie ihre Kinder oder Schüler*innen. Besonders Lehrer*innen erleben, dass es Bereiche gibt, in den ihnen ihre Schüler*innen meilenweit voraus sind, denn für diese ist die digitale Welt ihre Alltagswelt.
Klar: Soziale Netzwerke verändern unser Kommunikationsverhalten massiv. Beziehungen werden anders angegangen als das in prä-digitalen Zeiten üblich war, nämlich über Kontakte, Likes, Kommentare und Statusangaben. Diese Änderungen müssen auch in der Schule thematisiert und reflektiert werden. Außerdem sind klare und verbindliche Regelungen wie Vereinbarungen für Klassenchats oder Handyordnungen sinnvoll. Chatrooms, soziale Netzwerke, WhatsApp & Co bieten dabei nicht nur Raum für Selbstdarstellung, sondern auch für Mobbing.
Lost in space
Ein Verbot von Smartphones, um zu vermeiden, dass Kinder und Jugendliche in die digitale Welt abdriften, ist als Antwort auf die Herausforderungen für junge Menschen mehr als dürftig. Lässt man Kinder oder Jugendliche einen gefährlichen Schulweg nicht unbegleitet gehen, aber den Weg durch den Social-Media-Dschungel alleine meistern? Medienkompetenz zu erlernen ist wie sich im Straßenverkehr zurechtzufinden. Es gibt Gefahren, die erkannt werden müssen – und gemeinsam gemeistert werden können.
Und die, die glauben, das Smartphone sei (alleiniger) Verursacher von Suchtverhalten, Ängsten und psychischen Problemen, die mögen sich einmal bewusst machen, mit welchen Themen Kinder und Jugendliche konfrontiert werden, die Auslöser für vielfache psychische Schwierigkeiten sein können: Krieg, Klimawandel, Rechtsextremismus und Verschwörungsideologien sind nur einige Beispiele. Mag sein, dass das Smartphone manches Mal die Flucht aus der Realität bedeutet, aber das kennen die meisten Erwachsenen auch – Stichwort: Katzenvideos – und sie sind oft genug Vorbild im digitalen Verhalten.
Sichere Verbindung im Netzwerk
Eltern und Lehrkräfte sind gefordert, die jüngeren Smartphone-Nutzer*innen im Umgang zu begleiten, anstatt den Umgang mit dem Smartphone (Zuhause oder in der Schule) zu verbieten. Das digitale Leben geht auch außerhalb dieser „Schutzräume“ weiter. Es gilt, gemeinsam einen Kompass zu entwickeln, der soziales Miteinander auch im Netz ermöglicht. Kinder und Jugendliche brauchen Erwachsene, die sich damit auskennen.
Das erfordert von allen vielfältige (Sozial-) Kompetenzen, Wissen, Gefahrenbewusstsein und am besten: die Bereitschaft, sich mit den (nicht mehr so) neuen Medien zu beschäftigen und mit Kindern, Jugendlichen in und außerhalb der Schule über diese Themen in Kontakt und Austausch zu kommen. Für alle, die sich das nicht zutrauen, kommt die gute Nachricht: Medien-(sozial)-kompetenz kann gelernt werden, und zwar von Menschen jeglichen Alters.
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