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Automatisiert, anlasslos und allumfassend: Chat Control (nicht nur) by Zuckerberg

Meta, ehemals Facebook, scannt, was es in Chats zu scannen gibt, und zwar automatisiert und ohne konkreten Anlass.

Wo ist mein Schafspelz? Bild: Patrice Schoefolt auf Pexels

Dabei beruft sich das Unternehmen auf eine europäische Übergangsverordnung, die sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen soll. Die Gesellschaft für Freiheitsrecht hat dagegen Klage erhoben: wegen Verletzung der Privatsphäre und des Grundrechts, über die eigenen Daten zu bestimmen.

Durch und durch verantwortungsvoll, bezeichnet sich Meta selbst auf seiner Website, denn: „Unsere Grundsätze für verantwortungsvolle Innovationen bilden das Fundament all unserer Arbeit. Mit ihnen können wir dafür sorgen, dass die oberste Priorität immer dem Schutz der Privatsphäre unserer Nutzer*innen gilt.“ Dass das pauschale Scannen von Chats – ohne einen Verdachtsmoment – jedoch einen Verstoß gegen Grundrechte darstellt, will die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) mit der Klageerhebung gegen Meta gerichtlich untermauern lassen.

Scan as Scan can

Auch im Europaparlament geht es aktuell um das Thema Chatkontrolle. Diskutiert wird die Verpflichtung sozialer Plattformen, private Nachrichten durchzuscannen, um leichter gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder vorgehen zu können und das Versenden etwa von kinderpornographischen Bildern zu verhindern. Eine Übergangsregelung ermöglicht das bereits jetzt, eine Verpflichtung gibt es – noch – nicht.

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Wenn sich die EU-Regelung durchsetzt, wird es jedoch brenzlig – für alle, die harmlos, aber eben doch privat bei Facebook, WhatsApp, Signal usw. über Dinge chatten, die andere Menschen nichts angehen sollen. Denn es wird Aufgabe einer Künstlichen Intelligenz (KI) sein, Posts, Bilder und Videos danach zu untersuchen, ob sich strafrechtlich Relevantes darin finden lässt. Das kann angesichts von Millionen Nutzer*innen nicht gut gehen! Damit dürften sich Ermittlungsbehörden sogar lahmlegen lassen, die zahllose Bilder vom Urlaub am Meer oder vom letzten Kindergeburtstag am Planschbecken durchchecken müssen. Dabei geht auch hier – am Rande – der Appell an die Nutzer:innen: Erst denken, dann posten. Und niedliche Kinderfotos nicht einfach an einen Riesen-Verteiler schicken.

Zwischen Kinderschutz und Überwachungsschutz

In zahlreichen Veröffentlichungen wird die Chatkontrolle kritisiert, auch die Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des EU-Parlaments kritisiert die Pläne der EU-Kommission massiv. Der Kampf gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder und der Darstellung und Verbreitung im Netz ist ohne Frage zwingend notwendig. Ob die umfassende Chatkontrolle der richtige Weg ist, bleibt fraglich.

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Täter*innen dürften eher in Online-Foren bzw. Darknet-Plattformen unterwegs sein, weniger in WhatsApp & Co. Deren „Ende-zu-Ende“-Verschlüsselung, die es bislang ermöglicht, dass nur die Nutzer*innen Zugriff auf die versendeten Inhalte haben, würde mit der Chat-Überwachung ausgehebelt. Private Chats gehören dann der Vergangenheit an. Damit drängt sich dann auch die üble Vorstellung auf, autoritäre Staaten (in der EU) könnten die Überwachung nutzen, um politisch unliebsame Personen zu kontrollieren.

Im Herbst soll es eine Einigung im Europaparlament geben, im Dezember sollen sich Parlament, EU-Kommission und Mitgliedstaaten einigen. Am 3. August 2024 läuft die Übergangsregelung aus.

Mehr dazu, auch zur Klageerhebung: Gesellschaft für Freiheitsrechte

ausführlich Campact.de

taz.de mit Vorschlägen des Kinderschutzbundes für geeignete Maßnahmen zum Schutz von Kindern

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geschrieben von: Eva Schwarz

Als Volljuristin und Mitinhaberin einer Text- und Internetagentur ist der Weg zum Medienrecht recht kurz. Das 2021 erworbene Hochschulzertifikat "Internet- und Medienrecht" teert diesen Weg mit neuesten Kenntnissen in einem dynamischen Rechtsgebiet. Die gewaltfreie Kommunikation schätzt die zertifizierte Konfliktcoachin als neuen Weg für mehr Empathie und friedliches Miteinander auch in der digitalen Welt.

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