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FAIR-Studie: Vom followen, influencen, kaufen und den Folgen fürs Wohlbefinden

Dass die Fair-V-Studie ein Ziel hat, offenbart bereits der Name: „Fair“ steht für „Förderung adoleszenter Influencer-Resilienz“. Die Studie beschäftigt sich damit, welchen Einfluss Influencer:innen auf das Konsumverhalten der besonders vulnerablen Gruppe der jugendlichen Internet-Nutzer:innen haben, um dann konkrete Maßnahmen für Politik und Gesellschaft zu formulieren. Medienkompetenz ist dabei ein gutes Stichwort.

Dass die Fair-V-Studie ein Ziel hat, offenbart bereits der Name: „Fair“ steht für „Förderung adoleszenter Influencer-Resilienz". Die Studie beschäftigt sich damit, welchen Einfluss Influencer:innen auf das Konsumverhalten der besonders vulnerablen Gruppe der jugendlichen Internet-Nutzer:innen haben, um dann konkrete Maßnahmen für Politik und Gesellschaft zu formulieren. Medienkompetenz ist dabei ein gutes Stichwort.
Jungsein: sieht leicht aus, ist es aber nicht. Bild: Anna Shvets auf Pexels

Jugendliche haben es im sogenannten digitalen Raum nicht leicht, sich zurechtzufinden. Sie beherrschen zwar die Technik, sind in vielen Social-Media-Kanälen unterwegs und nahezu „always on“, können aber im Gegenzug Einflüssen und Kaufanreizen schwerer widerstehen als (manche) Erwachsene und sind oft nicht in der Lage, den reinen Werbecharakter einer Botschaft zu durchschauen. Das und ihre aller Voraussicht nach weiter zunehmende Kaufkraft macht sie zur Zielgruppe von Influencer:innen, die vor allem auf Instagram, TikTok oder Youtube unterwegs sind.

Wir gehören zusammen

Oft sind sie für Jugendliche mehr als Botschafter:innen des Konsums: Sie zeigen ihnen, wie sie sein müssen und was sie benötigen, um einer bestimmten sozialen Gruppe anzugehören. Damit ist schnell und wenig erstaunlich klar, wie massiv Influencer:innen das Konsumverhalten junger Menschen beeinflussen können, und zwar auch, weil sie den Jugendlichen näher sind und sie sich stärker mit ihnen identifizieren können als beispielsweise mit Prominenten, die als Marken-Botschafter:innen agieren (vgl. Fair-V-Studie, Seite 10).

Wird die Beziehung als authentisch und persönlich empfunden, führt das bei den Jugendlichen zu dem Gefühl, das beworbene Produkt unbedingt zu benötigen (vgl. Fair-V-Studie, Seite 15).

Geliked, geliebt, mehr Geld

Die Palette der „Lieblingsinfluencer:innen“ ist dabei recht breit gestreut, so haben von den 1007 an der Studie beteiligten Jugendlichen 475 verschiedene genannt. Deren Inhalte werden mehrheitlich (77,8 %) mehrmals pro Woche angesehen, 21,6 % werfen mehrmals täglich einen Blick darauf. (vgl. Fair-V-Studie, Seite 26, Abb. 7). Über die Hälfte der Befragten (53,63 %) haben Produkte, die die Influencer:innen vorgestellt haben, auch erworben, und bei ihren Lieblingsinfluencer:innen (15,5 %) teilweise deutlich mehr Geld ausgegeben als bei anderen (vgl. Fair-V-Studie, Seite 29).

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Die Kehrseite all dessen sind Gefühle wie Reue und Scham wegen absolvierter Käufe oder aber Gedanken, die ständig um das vorgestellte Produkt kreisen und nicht abgestellt werden können. Auch soziale Konflikte können entstehen, etwa weil die Produkte aus finanziellen Gründen nicht erworben werden können, so dass das Gefühl, ausgeschlossen zu sein, dominiert, oder weil es über Käufe zu Auseinandersetzungen mit den Eltern kommt (vgl. Fair-V-Studie, Seite 30). Auch wenn die meisten Jugendlichen angaben, selten unter diesen Folgen zu leiden, werten die Autor:innen der Studie diese „Störungen“ doch als potenzielles Entwicklungsrisiko, insbesondere angesichts der Häufigkeit, mit der die Inhalte des oder der Lieblingsinfluencer:in von den Jugendlichen gesichtet werden. In einer Follow-Up-Studie konnte u.a. ein Zusammenhang zwischen Werbeaktivität, Kaufimpulsen und sogenannten Intrusionen, also lästigen Gedanken, bestätigt werden (vgl. Fair-V-Studie, Seite 39).

Influencer:innen-Resilienz fördern

Die Studie stellt einige Interventionsansätze dar, die eine erfolgreichen Bewältigung
kritischer Situation im Zusammenhang mit Influencing bei Jugendlichen ermöglichen sollen. Diese reichen von personenbezogenen Strategien wie das Anbieten kognitiver Kurz-Interventionen (vermutlich Verhaltenstherapien), von Informationsbroschüren und Fortbildung hin zu notwendigen Angeboten auf kommunaler Ebene wie Beratung, Jugendhäuser, Familienbildungsstätten und spezifischen Kommunikations- und Medienangeboten. Bereits vorhandene Programme werden vorgestellt (vgl. Fair-V-Studie, Seite 45-48) – ein besonderes Plus dieser Studie.

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Unter den fünf politische Handlungsempfehlungen findet sich u.a. die Forderung nach Änderung der Rechtslage zur Kennzeichnung von Werbung. Postings mit Empfehlungen ohne Gegenleistung müssen in den sozialen Medien derzeit nicht als Werbung gekennzeichnet werden.

Hier ist das Gesetz über digitale Dienste (DSA), das seit dem 17. Februar 2024 gilt, ein Schritt in die richtige Richtung. Es soll zum Beispiel für die Transparenz bei Werbung sorgen und verbietet bestimmte Werbung auf Online-Plattformen, zum Beispiel gezielte Werbung für Kinder.

Und eine weitere Handlungsempfehlung ist, die Öffentlichkeit deutlich zu informieren:

„Fehlende Medienkompetenz gefährdet Ihre Gesundheit!“

Die FAIR-Studie ist ein Gemeinschaftsprojekt des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) mit der Hochschule Darmstadt und der Universität Mannheim.

#gesellschaft #gesundheit #sozialemedien

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geschrieben von: Eva Schwarz

Als Volljuristin und Mitinhaberin einer Text- und Internetagentur ist der Weg zum Medienrecht recht kurz. Das 2021 erworbene Hochschulzertifikat "Internet- und Medienrecht" teert diesen Weg mit neuesten Kenntnissen in einem dynamischen Rechtsgebiet. Die gewaltfreie Kommunikation schätzt die zertifizierte Konfliktcoachin als neuen Weg für mehr Empathie und friedliches Miteinander auch in der digitalen Welt.

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