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Ein Upload-Filter kommt nicht – kommt doch!

2019 hat die EU-Urheberrechtsreform viele Menschen auf die Straße gebracht, um zu protestieren. Das ist in Corona-Zeiten nicht so einfach. Dennoch, auch die Umsetzung der Reform in deutsches Recht hat Fragwürdiges im Schlepptau. Einen Upload-Filter beispielsweise.

Durch welchen Filter sehen Sie?

Die EU-Mitgliedsstaaten haben bis zum 07. Juni 2021 Zeit, die EU-Urheberrechtsrichtlinie in nationales Recht umzusetzen. Dabei gibt es einen gewissen Freiraum, der dazu hätte genutzt werden können, auf Upload-Filter zu verzichten. So wie es etwa die CDU noch im März 2019 versprochen hat – und jetzt doch nicht einhält. Dass das gerade in der öffentlichen Aufmerksamkeit auf den hinteren Plätzen liegt, dürfte auf die Kappe von Corona und Kälte gehen.

Unterm Strich steht fest, dass das Urheberrecht auf den neusten Stand des digitalen Lebens gebracht werden muss. Schon lange stehen sich Verwerter und digitale Plattformen mit scheinbar unvereinbaren Bedürfnissen gegenüber: Den einen geht es um ihre Rechte, die Geld wert sind und für die Geld fließen soll – die anderen haben bereits viel Geld und wollen weitere Ausgaben tunlichst vermeiden.

Was nun?

Der neue Gesetzentwurf „zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes“ sieht nun vor, dass Upload-Plattformen selbst haften, wenn von Nutzer*innen Inhalte hochgeladen werden, die gegen das Urheberrecht verstoßen. Ein Weg, die Haftung zu vermeiden, ist etwa Lizenzen zu erwerben (dazu gibt es einen „neuen“ Direktvergütungsanspruch des Urhebers) – oder sich die Inhalte genauer anzusehen. Genau das war jedoch schon 2019 ein Anlass für Kritik; die Befürchtung, dass sich eine Zensur der Konzerne einschleicht, groß.

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Allerdings sieht das Gesetz sogenannte „Bagatellgrenzen“ vor, die nicht für die großen Plattformen, sondern nur für Einzelpersonen ohne kommerzielles Interesse gelten. Sie lagen ursprünglich einmal bei 20 Sekunden für Video- und Tonbeiträge, 250 KB für Bilder und 1.000 Zeichen für Text. Hier wurde deutlich verschlankt auf 15 Sekunden, 125 KB und 160 Zeichen für Text. Das war 1992 die Textlänge einer SMS.

Und noch was: Im Gesetzentwurf der Bundesregierung heißt es, die gesetzlichen Erlaubnisse für Karikaturen, Parodien und Pastiches seien künftig ausdrücklich in §51a UrhG-E geregelt, was sich erstmal positiv anhört. Doch einerseits werden zumindest Zitate und Parodien vergütungspflichtig, d.h. Plattformen müssen für sie zahlen, und andererseits werden Karikaturen, Parodien und Pastiches sowieso nur erlaubt, wenn die Nutzung „durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist“. (Kennt den der Upload-Filter?) Was immer das also heißen soll, werden dann zukünftig die Gerichte herausfinden müssen.

Es ist nicht alles schlecht

Inhalte zu durchleuchten, Karikaturen usw. nur bei „besonderen Zweck“, das klingt alles nicht besonders gut. Gut sind aber jedenfalls die neu eingeführten Direktvergütungsansprüche für Urheber und die Möglichkeit, gemeinsam im Rahmen einer Verbandsklage vor Gericht gehen zu können.

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Doch der Käs ist noch längst nicht gegessen. Bundestag und Bundesrat müssen dem Entwurf noch zustimmen, und eine Klage zur Vereinbarkeit von Upload-Filtern mit der EU-Grundrechtecharta, die Polen eingereicht hat, liegt zudem beim Europäischen Gerichtshof vor. Bis zur Entscheidung wird wohl noch eine Weile vergehen.

Den Gesetzentwurf können Sie sich hier anschauen

#gesellschaft #sozialemedien

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geschrieben von: Eva Schwarz

Als Volljuristin und Mitinhaberin einer Text- und Internetagentur ist der Weg zum Medienrecht recht kurz. Das 2021 erworbene Hochschulzertifikat "Internet- und Medienrecht" teert diesen Weg mit neuesten Kenntnissen in einem dynamischen Rechtsgebiet. Die gewaltfreie Kommunikation schätzt die zertifizierte Konfliktcoachin als neuen Weg für mehr Empathie und friedliches Miteinander auch in der digitalen Welt.

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