Facebook und die digitale Realität
Am 24. Mai tritt die neue EU-weite Datenschutzgrundverordnung in Kraft. Bei Vereinen, Verbänden und kleineren Unternehmen macht die Angst vorm Abmahnanwalt die Runde. Währenddessen drückt sich Facebook mit einer Vermeidungsstrategie vor seiner Verantwortung im Datenskandal. Die Welt ist ungerecht – aber veränderbar?
Um die 310.000 Facebook-Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland sollen vom Facebook-Datenskandal betroffen sein, weltweit sind es Millionen. Mehr als vier Jahre lang konnte der Entwickler einer Umfrage-App Informationen von Nutzerinnen und Nutzern an die Analyse-Firma Cambridge Analytica weitergeben: nicht nur die Daten der Teilnehmenden an der Umfrage, sondern auch die ihrer Facebook-Freunde.
Das Neueste: Alles bleibt beim Alten
Doch immer, wenn es darum geht, weiter aufzuklären oder gar Änderungen vorzunehmen (außer der Überlegung, das Geschäftsmodell Facebook auf ein optionales Bezahlmodell umzustellen), passiert wenig, mit der Folge: Facebook bleibt im wesentlichen wie es ist. Zwar können Datenjäger, z.B. App-Anbieter, das Profil eines Nutzers zukünftig nicht mehr nur über dessen Telefonnummer oder E-Mail-Adresse finden. Facebook selbst verzichtet jedoch nicht aufs Datensammeln. Warum auch?
Boykottaufrufe von Nutzerinnen und Nutzern oder aus der Werbebranche haben Facebook nicht geschadet. Während der Anhörung im US-amerikanischen Senat wurde Facebook-Chef Mark Zuckerberg zwar „gegrillt“, währenddessen stiegen jedoch die Aktien dermaßen, dass er den Grill keineswegs als Würstchen, sondern um 3 Milliarden Dollar reicher verlassen konnte.
Willkommen in der digitalen Realität
Man könnte also vermuten, dass das Datenloch nicht das eigentliche Problem ist. Denn das ist das Prinzip: Informationen sind dazu da, um Geld damit zu machen. Und zumindest unterschwellig weiß das auch jede/r. Daher muss sich die Facebook-Fangemeinde auch der – meist etwas herablassend geäußerten – Kritik stellen, das sei doch sowieso alles klar und man sei selbst schuld, wenn der Datenklau passiere.
Damit bleibt die Stimmung merkwürdig lau, was Recht oder Unrecht angeht. Wir alle kennen das: An die Herausgabe unserer Daten haben wir uns über die Jahre längst gewöhnt, während beispielsweise die Volkszählungen der 80er-Jahre auf extremen Widerstand stießen. Heute sind wir oft unsicher, ob wir Informationen besser schützen sollten, spätestens dann, wenn wir überlegen, wem wir schon unsere Daten gegeben haben.
Leben in der digitalen Realität erfordert aber anderes. Nämlich das Wahrnehmen einer gesellschaftlichen Verantwortung. Wer weiß, wer eines Tages in den Besitz von Daten kommt, selbst wenn diese momentan völlig unverfänglich sind.
Boykottaufrufe laufen ins Leere. Sie sind zudem kaum vorstellbar: Es geht nicht mehr ohne.
Aber kritische Nutzerinnen und Nutzer, die sich öffentlich aufregen und einen verantwortlichen Umgang mit ihren Daten einfordern, das könnte schon mal ein Anfang sein, der Veränderung bringt.
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