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Nadelspitzen gegen das Elefantengedächtnis – Google und das Recht auf Vergessenwerden

2014 traf der Europäische Gerichtshof eine breit diskutierte Entscheidung: EU-Bürger_innen haben seitdem die Möglichkeit, bei Suchmaschinen das Löschen von Inhalten aus deren Suchergebnissen zu beantragen, wenn durch die verlinkten Informationen ihre Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Damit sollen Persönlichkeits- und Datenschutz gestärkt werden. Google hat jetzt eine erste Bilanz nach drei Jahren Operation Vergessen vorgelegt: Demnach wurden seit Mai 2014 insgesamt für mehr als 2 Mio. Websites Löschanträge gestellt. Ganz vorne dabei sind mit rund 17 % Anfragen aus Deutschland.

eine rieisge Bibliothek Finden Sie hier ein Buch ohne Katalog?

In der Regel sind es Privatpersonen, die URLs aus den Suchergebnissen entfernen lassen möchten. Dabei geht es etwa um persönliche Daten oder sensible Informationen wie Erkrankungen. Viele Daten und Informationen, die nicht mehr über Google und Co. auffindbar sein sollten, finden sich in sozialen Netzwerken. Spitzenreiter ist hier Facebook, gefolgt von Google +, Instagram, YouTube und Twitter. Minderjährige machten als Antragssteller_innen fünf Prozent aus. Insgesamt wurden in gut 40 % der Fälle die URLs tatsächlich von der Trefferliste genommen.

Verweis wird gelöscht, aber der Inhalt ist noch da

Was hat es auf sich mit dem Recht auf Vergessen? Handelt es sich um einen wirksamen Schutz von Personen oder um eine lächerliche Zensur? Fakt ist, dass lediglich die Suchergebnisse ausgeblendet werden, die Inhalte selbst bleiben im Internet verfügbar. Das ist in etwa so, wie wenn in einer Bibliothek ein Buch aus dem Suchverzeichnis entfernt wird, das Buch selbst aber im Regal stehen bleibt. Wer also am Bücherregal vorbeischlendert, kann es durchaus noch finden, auch wer den Standort schon kennt. Wer sich gezielt über den Katalog auf die Suche macht, hat es da schon schwerer. Genauso können Sie auch im Internet zufällig oder direkt über die URL zu den nicht mehr gelisteten Inhalten gelangen.

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Damit ist auch fraglich, ob es sich um ein brauchbares Mittel handelt, um etwa Kinder vor der Veröffentlichung persönlicher oder sensibler Daten bzw. übler Nachrede zu schützen. Aus unserer Sicht kann es sich durchaus lohnen, einen entsprechenden Antrag bei Google zu stellen. Sie dämmen so die Verbreitung wenigestens ein wenig ein. Allerdings kursieren gerade Inhalte in sozialen Netzwerken zwischen Gruppen und Chats, sodass das Löschen des Verweises auf die Quelle oft die Lawine nicht stoppen kann. Ganz zu schweigen von den Köpfen, in denen sich dieses „Wissen“ bereits eingenistet hat.

Hier finden Sie den kompletten Bericht von Google  und hier können Sie die Löschung von in der Google-Suche indexierten Inhalten nach europäischem Datenschutzrecht beantragen.

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geschrieben von: Meike Adam

beschäftigt sich seit mahr als 20 Jahren beruflich mit dem Themenkomplex Medien, als Wissenschaftlerin, Webschaffende und medienpädagogische Referentin. Durch zahlreiche Elternabende, Fortbildungen für Lehrer_innen und Unterrichtseinheiten mit SuS weiß sie, wo es brennt. Mit 3 Kindern ist sie zudem alltägliche medienpädagogische Praktikerin.

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